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Junge Menschen brauchen reale Chancen zur Entwicklung, um der Armut zu entkommen und ihre Ziele zu verwirklichen. Regierungen, politische Entscheidungsträger, internationale Entwicklungspartner und Spender stehen in der Verantwortung, neue Strategien zu entwickeln.
2006 hat die Afrikanische Union die Afrikanische Jugend-Charta (African Youth Charter) verabschiedet, ein politisches und rechtliches Rahmenwerk, das die strategische Ausrichtung zur Förderung und Befähigung junger Menschen festlegt, um deren aktives Engagement für die Gestaltung der Zukunft Afrikas sicherzustellen. Die junge Bevölkerung des Kontinents - nach der Definition der Charta die Menschen im Alter von 15 bis 35 Jahren - macht ca. 40 % der Gesamtbevölkerung aus. Afrika hat in den letzten Jahren einen regelrechten Jugend-Boom erlebt. Daher wird alles, was für junge Menschen unternommen und unterlassen wird, die Zukunft Afrikas zunehmend bestimmen. Gleichwohl prägen einige alarmierende und deprimierende Zahlen das Bild der derzeitigen afrikanischen Jugend - eine große Sorge und Herausforderung für Regierungen, politische Entscheidungsträger und Entwicklungspartner. Der Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahr 2015 zeigt, dass im subsaharischen Afrika neun von zehn Jugendlichen (ca. 92 Prozent) arm oder nahezu arm bleiben, während weltweit etwa zwei Drittel - 169 Millionen junge Menschen - von Beschäftigungsarmut betroffen sind. Darüber hinaus zeigt der Bericht, dass junge Menschen, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, gegenüber den erwachsenen Arbeitnehmern eher von Armut bedroht sind.
Da Investitionen in Bildung, Gesundheit und Ernährung sowie pro-innovative Verhaltensentwicklungen Zeit benötigen, um sich im Lebensverlauf zu manifestieren, muss ein neuer Ansatz zur Bekämpfung vieler Probleme, mit denen junge Menschen im Land und in den Städten Afrikas mehr als in anderen Teilen der Welt konfrontiert sind, zweifellos darin bestehen, in das Wohlergehen der Kinder zu investieren, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Mehrheit der afrikanischen Jugend lebt. Hierin liegt eine bislang ungenutzte Chance für Afrika, mit vielversprechenden Lösungen für viele auftretende Probleme. Dieser Artikel liefert wesentliche theoretische Argumente und empirisch erbrachte Nachweise dafür, wie die Bedingungen in der Kindheit ihre Wirkung im späteren Leben entfalten und lebenslange Chancen eröffnen, den Arbeitsmarkt für junge Menschen und die Lebenssituation in Afrika - hauptsächlich in ländlichen Gebieten - zu gestalten.
Die Ausbildung und Gesundheit junger Menschen sind Schlüsselfaktoren zur gewinnbringenden Nutzung der demografischen Dividende Afrikas - der sicherste Weg zur Verringerung der Armut und Sicherung der ländlichen Entwicklung, zur Beschleunigung des Strukturwandels und zum Erreichen der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in den nächsten Jahren. Investitionen in die Ausbildung und Gesundheit von Kindern haben in diesem Kontext nachweislich profunde und langfristige Auswirkungen auf die Arbeitsmarktbedingungen und das Wohlergehen von Jugendlichen und Erwachsenen. So zeigt beispielsweise eine frühere Studie aus Großbritannien, dass siebenjährige Kinder aus dem höchsten Testergebnis-Quartil spätestens im Alter von 33 Jahren einen um 20 Prozent höheren Verdienst hatten als Gleichaltrige aus dem untersten Testergebnis-Quartil. In den USA fand man heraus, dass sich ca. 12 Prozent der Unterschiede bei den High-School-Abschlüssen und ca. 11 Prozent der Unterschiede bei den College-Abschlüssen durch Testergebnisse und Hintergrundvariablen erklären lassen, die im Alter zwischen 6 und 8 Jahren gemessen wurden. Eine andere Studie zeigt sogar, dass eine Erhöhung des Elternaufwands im Alter von 6 bis 7 Jahren um 10 Prozent den späteren Verdienst um 24,9 Prozent steigert und die Wahrscheinlichkeit eines High-School-Abschlusses um 64,4 Prozent erhöht.
Gleichwohl liegen uns nur wenige vergleichbare Belege aus Entwicklungsländern vor, hauptsächlich aufgrund des Fehlens langfristiger Daten, um verstehen zu können, wie die Bedingungen in der Kindheit sich in der Zukunft manifestieren. Im Rahmen der Auswertung der wenigen vorliegenden Belege zu Entwicklungsländern kommen Forscher des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn zu dem Ergebnis, dass in den ländlichen Gebieten Äthiopiens - wo eine langfristige Beschulung bis zur vollen Grundschulausbildung grundsätzlich seltener ist - Kinder (im Alter von 4-14 Jahren) mit durchgehendem Schulbesuch, d.h., die Arbeit und Schule kombinierten, gegenüber Gleichaltrigen, die ausschließlich arbeiteten, nach sechzehn Jahren drei Jahre Schulbildung mehr vorweisen konnten.
Ferner kommen sie zu dem Schluss, dass eine schulische Ausbildung im Alter zwischen 4 und 14 Jahren zu signifikanten Einkommensunterschieden führt: Auf den Arbeitsmärkten für Erwachsene verdienten Kinder mit Schulbildung in selbstständigen, landwirtschaftsfremdenBerufen etwa doppelt so viel wie Kinder, denen Bildung verwehrt blieb und die ausschließlich gearbeitet hatten. Diese Belege zeigen deutlich, dass afrikanische Regierungen aufgefordert sind, die Ausbildung von Kindern zu priorisieren und Wachstum und Entwicklung durch ausgebildete, motivierte und innovative junge Menschen voranzutreiben. Dies ist ein besonders ernstzunehmendes Problem in ländlichen Regionen, die infrastrukturell benachteiligt sind, unzureichend finanziert werden und in denen Kinderarbeit allgegenwärtig ist, was den Schluss nahelegt, dass Bildungssysteme in ländlichen Gebieten besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.
Nach allem, was wir bisher wissen, ist es äußerst schwierig, Maßnahmen zu finden, um Menschen in Entwicklungsländern zu helfen, die Entwicklungsrückstände und gesundheitliche Beeinträchtigungen in der Kindheit auszugleichen. Der Aufholprozess zu ihren nicht betroffenen Gleichaltrigen ist jedoch sehr schwierig und gelingt in nur wenigen Fällen. So verringerte sich beispielsweise die Schulzeit des von der Pandemie betroffenen brasilianischen Jahrgangs 1919 um 0,2 Jahre, die Löhne waren um 20 Prozent niedriger und die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbslosigkeit der betroffenen Personen lag um ein Fünffaches höher.
Das zeigt deutlich, dass die Regierungen jetzt handeln müssen, um eine frühzeitige Ausbildung zu verbessern und das Wohlergehen junger Menschen in ländlichen Gebieten positiv zu beeinflussen. Auch zeigt uns die Erfahrung, was geschehen würde, wenn Maßnahmen zur Bekämpfung einer der größten Gesundheitsgefahren in ländlichen Gegenden Afrikas getroffen würden: Malaria. Die vollständige Ausrottung von Malaria-Infektionen führte zu einem Anstieg des Einkommens im Erwachsenenalter um 47 Prozent in den USA, 45 Prozent in Brasilien, 45 Prozent in Kolumbien und 41 Prozent in Mexiko. Auch wenn für die ländlichen Gebiete Afrikas kaum stichhaltige Beweise vorliegen, kann zuverlässig behauptet werden, dass Investitionen in die Gesundheit von Kindern, kombiniert mit einer qualitativ guten Ausbildung, verbessertem Zugang zu einer präventiven und kurativen Gesundheitsversorgung von Kindern und der Implementierung effektiver Krankheitskontroll- und Impfprogramme mit entsprechenden Auswirkungen auf das Verhalten von Kindern einen Beitrag zur Verbesserung gesundheitlicher Präventivmaßnahmen für junge Menschen geleistet hätten, was unerlässlich ist, um die Kriminalität, Malaria und die Ausbreitung meldepflichtiger Krankheiten wie z. B. HIV/AIDS unter jungen Menschen zu kontrollieren.
So viele Chancen man auch darin erkennen mag, in die Ausbildung und Gesundheit von Kindern zu investieren, um junge Menschen dabei zu unterstützen, ihr Potenzial auszuschöpfen und sie in den nationalen Wirtschaftssystemen zu beschäftigen, so sehr hängen diese Bemühungen von der Ernährung der Kinder ab. Nach Angaben des United Nations Children‘s Fund (UNICEF) sind 165 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Entwicklungsländern in ihrem Wachstum gehemmt (zu klein für ihr Alter) und 146 Millionen sind untergewichtig und unterernährt aufgrund einer akuten oder chronischen Hungersnot in diesen Ländern. Andere Schätzungen zeigen auch, dass mehr als 200 Millionen Kinder unter 5 Jahren nicht in der Lage sind, ihr volles Potenzial in der kognitiven Entwicklung auszuschöpfen, hauptsächlich aufgrund von Armut, schlechter Gesundheit und Fehl-/Unterernährung. Darüber hinaus betreffen versteckter Hunger bzw. der Mangel an wichtigen Mikronährstoffen voraussichtlich ca. zwei Milliarden Menschen weltweit, wobei Kinder in ländlichen Gegenden Afrikas am meisten betroffen sein könnten - mit lebenslangen Konsequenzen. Dies ist ein ernstes Problem, das die Bemühungen, das Heranwachsen gesunder, produktiver und ausgebildeter Arbeitskräfte auf dem Kontinent zu fördern, behindert und gleichzeitig kurz- und langfristige Maßnahmen verlangt.
In der Literatur finden wir stichhaltige Beweise dafür, dass die Lage der Kinder im subsaharischen Afrika - einer Region mit dem höchsten Anteil benachteiligter Kinder - zu einem um mehr als 20 Prozent verringerten Einkommen im Erwachsenenleben führte, was sich höchstwahrscheinlich auch auf die nächste Generation übertragen wird. Gleichwohl ist dies ein Ansporn für politische Entscheidungsträger in Afrika und Spender in der Entwicklungshilfe, die Investitionen in benachteiligte Kinder - hauptsächlich jener in ländlichen Gegenden und aus armen Familien - zu priorisieren, um den Armutskreislauf auf dem Kontinent zu durchbrechen.
Weltweit sind ca. 152 Millionen Kinder im Alter von bis – 17 Jahren Kinderarbeiter; ca. 72 Millionen von ihnen leben in Afrika (59 Millionen im subsaharischen Afrika). In der Landwirtschaft sind etwa 85 Prozent der Kinderarbeiten in Afrika (71 Prozent weltweit) dokumentiert und beeinträchtigen das Leben von ca. 50 Millionen Kindern durch lange Arbeitszeiten und die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren. Im Gegensatz zu anderen Regionen stieg die Kinderarbeit im subsaharischen Afrika - einer Region mit dem weltweit höchsten Anteil von Kinderarbeit - zwischen 2012 und 2016 von 21,4 auf 22,4 Prozent an. Die Forscher streiten darüber, ob Kinderarbeit auf lange Sicht tatsächlich schadet oder sich sogar positiv auf das spätere Leben auswirken kann. In Brasilien fand man heraus, dass ein Eintritt in den Arbeitsmarkt vor dem Alter von zwölf Jahren das Einkommen im Erwachsenenalter verringert, während eine andere Studie zeigt, dass ein früher Eintritt ins Erwerbsleben geeignet ist, das Lebenseinkommen zu verringern und die Wahrscheinlichkeit von Armut im Erwachsenenleben erhöht.
Auf der anderen Seite ergab eine Langzeitstudie, dass in den ländlichen Gegenden Äthiopiens - auch wenn eine Vollzeit-Kinderarbeit die Wahrscheinlichkeit eines Schulabschlusses gegenüber Vollzeit-Schulkindern nach dem 16. Lebensjahr um die Hälfte verringert - jene Kinder, die Arbeit und Schule kombinierten, gegenüber Vollzeit-Schulkindern sogar mehr Schuljahre aufweisen konnten und höhere Einkommen in landwirtschaftsfremden selbständigen Jobs erzielten. Solche widersprüchlichen Belege lassen vermuten, dass Kinderarbeit ein zweischneidiges Schwert ist, das für die langfristige Entwicklung von Kindern eingesetzt werden kann, dessen übermäßiger oder ausschließlicher Einsatz jedoch die langfristige Entwicklung, Produktivität und Löhne mit Sicherheit negativ beeinträchtigt. Das legt den Schluss nahe, dass afrikanische Länder Mechanismen entwickeln sollten, um die schädlichen und die Schulausbildung verhindernden Formen der Kinderarbeit zu beseitigen und von jenen zu trennen, durch die Kinder wichtige Fähigkeiten für ihr Leben erlernen. Auch wenn Armut häufig als ursächlich für die Kinderarbeit angeführt wird, können auch Kultur und opportunistische Verhaltensweisen zu einer Ausbreitung von Kinderarbeit und deren generationenübergreifender Übertragung beitragen, was dazu führt, dass Armut und Ungleichheiten zwischen den Generationen bestehen bleiben.
Die ländlichen Gegenden Afrikas sollten sich von einem Ort, den junge Menschen verlassen wollen, zu einem Ort der Hoffnung wandeln - angefüllt mit Chancen für junge Menschen, damit diese bleiben und sich erfolgreich entwickeln können. In Anbetracht der entscheidenden Rolle, die der Kindheit für das spätere Leben zukommt, besteht Einigkeit darüber, dass Investitionen in Kinder der Schlüssel dazu sind, um das Heranwachsen motivierter, produktiver, innovativer und ausgebildeter junger Arbeitskräfte langfristig zu fördern, was jedoch in Besorgnis erregender Weise ignoriert wird. Daher sollten Programme zur ländlichen Entwicklung und zum Sozialschutz die Entwicklung von Kindern sensibel berücksichtigen und afrikanische Regierungen müssen daran arbeiten, alle Hemmnisse (auf kurze und auf lange Sicht) für junge Menschen zu beseitigen, um ihnen die Teilnahme am Erwerbsleben zu ermöglichen. Eine qualitativ gute Ausbildung und Gesundheitsversorgung in der frühen Kindheit erleichtern die späteren Humankapitalinvestitionen unter jungen Menschen und ermöglichen einen reibungslosen Übergang von der Schule in das Erwerbsleben. Auf diese Weise können die afrikanischen Länder die Unterbeschäftigung junger Menschen, die Beschäftigungsunsicherheit, die ausbeutende und illegale Beschäftigung, die Arbeitslosigkeit und die Beschäftigungsarmut unter jungen Menschen verringern.