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Ein Beitrag von Claudia Jordan
Frauen leisten einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit – trotzdem wird ihre Arbeit in der Landwirtschaft oft nicht gewürdigt und sie haben schlechteren Zugang zu Land und Krediten. Drei Agrarunternehmerinnen aus Indien, Côte d’Ivoire und Sri Lanka berichteten auf der diesjährigen BIOFACH-Messe in Nürnberg, wie sie sich und anderen Frauen mehr Platz in der Branche verschaffen.
Unter dem Motto “Food for the Future: Women's Impact on Sustainable Food Systems” schenkte die BIOFACH Messe 2024 vom 13. bis 16. Februar 2024 in Nürnberg Frauen in den Agrarsystemen besondere Aufmerksamkeit. Auf dem begleitenden BIOFACH-Kongress diskutierten die Interessierte unter den 35.000 Besucher*innen über den Beitrag, den Frauen für eine Bio-Wende leisten können.
In der Veranstaltung „Sowing Seeds of Change: In conversation with female leaders in the organic agri-business field“ berichteten drei Frauen aus Indien, Côte d’Ivoire und Sri Lanka, wie sie zum Ökolandbau kamen und welche Herausforderungen, aber auch Potenziale damit verbunden sind. Organisiert wurde das Event vom Sektorvorhaben Landwirtschaft der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und dem Import Promotion Desk (IPD). GIZ und IPD teilen sich seit 2015 im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen gemeinsamen Messestand bei der BIOFACH.
„In vielen Ländern weltweit machen Frauen den Großteil der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte aus. Aber oft können sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen, weil sie strukturell benachteiligt werden.“ - Dr. Bärbel Kofler, Parlamentarische Staatssekretärin im BMZ
In einer Grußbotschaft zur Veranstaltung machte die Parlamentarische Staatssekretärin des BMZ, Dr. Bärbel Kofler, deutlich, wie wichtig Frauen für die Ernährungssicherheit sind. „Weltweit hungern etwa 735 Millionen Menschen, fast jeder Zehnte.“ Die Ursachen für den weltweiten Hunger seien vielfältig, so die Staatssekretärin: Zunehmende Armut, Kriege und Konflikte, Klimawandel und Artensterben. „Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen wir ihre strukturellen Ursachen angehen. Dazu gehört, dass sich die Art, wie wir weltweit Lebensmittel anbauen und konsumieren, grundlegend ändern muss. Sie muss nachhaltig, gerecht und widerstandsfähig werden.“ Der ökologische Landbau sei ein wichtiger Teil dieses Wandels.
Der Beitrag von Frauen hierzu sei entscheidend: Studien zeigten, dass Landwirtinnen die Produktivität der Betriebe um ein Viertel steigern könnten, wenn sie den gleichen Zugang zu Ressourcen hätten wie Männer. „In vielen Ländern weltweit machen Frauen den Großteil der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte aus. Aber oft können sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen, weil sie strukturell benachteiligt werden. Etwa, weil sie das Land, das sie bewirtschaften, nicht besitzen dürfen. Oder weil ihnen der Zugang zu Krediten verwehrt wird.“ Sie hob die Prioritäten der Feministischen Entwicklungszusammenarbeit hervor: die Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen stärken.
„Frauen werden als Landwirt*innen nicht anerkannt. Was auch immer sie tun, Wertschöpfung, Kochen, Nachernte – sie tun hier nur ihre Pflicht.“ - Shamika Mone, INOFO-Präsidentin und Ökobäuerin in Kerala, Indien
Dass Frauen in der Landwirtschaft oft keinen leichten Stand haben, weiß Shamika Mone aus eigener Erfahrung, die sie bei der Veranstaltung teilte. Sie bewirtschaftet mit ihrem Mann einen ökologischen Betrieb im indischen Bundesstaat Kerala. Zugleich ist sie Vorsitzende des Interkontinentales Netzwerk der Ökologischen bäuerlichen Verbände (INOFO), das Teil der Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) ist. „Frauen werden nicht als Landwirt*innen anerkannt. Was auch immer sie tun, Wertschöpfung, Kochen, Nachernte – sie tun hier nur ihre Pflicht.“ Bei ihrem Ehemann sei das anders, die Arbeit mit ihm sei ausgewogen und auf Augenhöhe. „Auch wenn ich häufiger Aufgaben übernehme, die Geduld erfordern. Das liegt ihm nicht so“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. „Ich komme aus einer modernen Familie mit einem modernen Ehemann, der mich versteht. Aber die Gesellschaft versteht es nicht. Obwohl ich also INOFO-Präsidentin bin, Mitglied des weltweiten IFOAM-Vorstands, international unterwegs bin und als Biobäuerin zu den Menschen spreche – wenn ich auf meinen Hof zurückkehre, bin ich die Frau meines Mannes und nicht selbst Biobäuerin. Das ist die Realität und sie hält an. Es wird lange dauern, diese Dynamik zu ändern, aber jeder einzelne Schritt zählt.“ Wie Frauen ganz konkret im Ökolandbau gestärkt werden können, darüber sprachen bei der Veranstaltung auch zwei Unternehmerinnen aus Côte d’Ivoire und Sri Lanka.
„Die Idee mit der reinen Frauenkooperative war die Kirsche auf der Sahnetorte.“ - Louise Topé, Gründerin der Kakao-Kooperative KANY SCOOPS
Louise Topé gründete eine Frauenkooperative im biologischen Kakaoanbau. Das Besondere an der rein weiblichen Kooperative mit rund 500 Mitgliedern ist, dass die Frauen der meist männlichen Landbesitzer die Betriebe in der Kooperative vertreten. „Der Name der Frauen steht auf den Rechnungen und sie erhalten 50 Prozent der zusätzlichen Einnahmen aus der Bio-Zertifizierung. Das ist unsere Art, ihre Bemühungen zu belohnen und ihnen mehr Macht zu geben“, erklärte Louise Topé.
Die Männer und die Gesellschaft insgesamt akzeptierten das Projekt. Nicht nur, weil es Frauen in den Fokus nehme, sondern auch, weil es eine transparente Kooperative sei. „Die Landwirt*innen erhalten die richtigen Gewichtsangaben, bekommen den korrekten Preis und die Prämie ausbezahlt. Die Idee mit der reinen Frauenkooperative war eher die Kirsche auf der Sahnetorte,“ sagt sie schmunzelnd.
Die Beziehung zwischen Frauen und Männern habe sich dadurch nicht grundlegend geändert, sagt Topé. Das sei auch gar nicht das Ziel gewesen. „Wenn Sie eine Frau sind, die früher ihren Mann unterstützt hat, bleibt das auch so. Die 50 Prozent der Prämie, die wir direkt an die Frauen gezahlt haben, haben die meisten von ihnen ihren Ehemännern zurückgegeben. Wir lassen ihnen die Wahl, und ich bin sicher, dass sie die richtige Entscheidung treffen.“
„Meine Mitarbeiterinnen sind jetzt finanziell unabhängige Frauen.“ - Senuri Gamage, Gründerin der Zimt-Firma Savour Route
Auch Senuri Gamage beschäftigt in ihrem Unternehmen fast ausschließlich Frauen. Sie hat mit ihrer Mutter und ihrer Tante die Bio-Zimt-Firma Savour Route gegründet, in der sie hochwertigen Bio-Ceylon-Zimt aus Sri Lanka herstellt „Meine Mutter und meine Tante sind sehr fleißige und karriereorientierte Frauen. Sie haben mich und meine Schwestern damit großgezogen, als Individuen zu denken. Sie sagten: ‚Du hast deine Karriere, deinen eigenen Weg, du musst für dich selbst sorgen.‘ Das hat mich dazu inspiriert, meine Fabrik mit vielen Frauen zu gründen“, berichtete Senuri. Die Zimtindustrie sei in der Region hauptsächlich männlich geprägt. Frauen in der Region verarbeiteten den Zimt oft in Gelegenheitsjobs. Mit Savour Route haben sie erstmals ein geregeltes Einkommen. Die schwierige wirtschaftliche Lage im Land führe auch dazu, dass die Männer das zweite Einkommen sehr begrüßten. „Jetzt beobachte ich, wie die Frauen ihre Kinder in die Schule oder zur Universität schicken können, ihre Häuser renovieren, neue Kleider kaufen und ihr Leben genießen“, sagt Gamage. „Das ist sehr inspirierend, weil sie jetzt finanziell unabhängige Frauen sind.“
Auch in diesem Jahr setzten GIZ und IPD neben dem BIOFACH Kongress ihren gemeinsamen Messeauftritt erfolgreich fort. Unter dem Motto „Organic Sourcing for Development“ bringen sie an ihrem Gemeinschaftsstand deutsche und europäische Importeur*innen mit ausgewählten Exporteur*innen aus den Partnerländern zusammen. Im Auftrag des BMZ präsentierten sie in diesem Jahr mehr als 50 Unternehmen aus Burkina Faso, Kolumbien, der Elfenbeinküste, Ecuador, Ägypten, Äthiopien und vielen mehr. Die Anbieter*innen bringen eine große Vielfalt an hochwertigen Bio-Produkten nach Nürnberg, von Hibiskus über getrocknete Mango bis hin zu Baobab-Öl. Diese Zusammenarbeit ermöglicht einen direkten Marktzugang, stärkt wertvolle Netzwerke im globalen Ökolandbau.