Auf Innovation und Nachhaltigkeit in der Kakaowertschöpfungskette setzen
Juliette Kouassi hat die Kakaokooperative ABOUd'CAO gegründet, um Produzent*innen zu fördern und "in der Kakaowertschöpfungskette nichts wegwerfen, sondern allem Wert einhauchen.“
„Kakao ist das wichtigste nationale Produkt von Côte d’Ivoire. Ich bin überzeugt, dass hier seine Zukunft liegt“, sagt Juliette Kouassi im Gespräch über die Perspektiven der von ihr betriebenen und geleiteten Kakaokooperative ABOUd'CAO. Als ehemalige Bankangestellte in der Hauptstadt Abidjan und Tochter eines Kakaobauers ist Kouassi überzeugt, dass Kleinbäuer*innen in Côte d’Ivoire ihre landwirtschaftlichen Produkte selbst verarbeiten sollten – um auf Basis nachhaltiger Marktchancen ein angemessenes Einkommen zu generieren. Vor zwei Jahren hat sie ihre Stelle in der Bank gekündigt und die Kooperative gestartet. Der Name „ABOUd'CAO“ ist mit Bedacht gewählt. Er bedeutet, „wo Hilfe benötigt wird“ und bezieht sich auf Kouassis Lebensmotto: Warum auf Hilfe warten, wenn man das Problem selbst lösen kann?
Der Kakaoanbau in Côte d’Ivoire steht heute vor zwei großen Herausforderungen. Aufgrund der niedrigen Weltmarktpreise sind die Einkommen gering. Und der Beitrag, den Frauen für die Landwirtschaft leisten könnten, wird ignoriert. Kouassi erklärt: „Die Kakaoplantagen sind alt, und die Anbauflächen müssen alle 30 bis 40 Jahre erneuert werden. Die Produktivität sinkt bereits, und zuletzt ist der Umsatz infolge der durch COVID-19 gesunkenen Weltmarktnachfrage zurückgegangen.“ Die Produzent*innen, so Kouassi, haben keine wirkliche Alternative zum Kakao. Das Land muss stärker vor Ort von der Wertschöpfungskette profitieren. „Wenn durch lokale Verarbeitung die Einkommen steigen, können Bäuer*innen die Erneuerung ihrer Anbauflächen besser finanzieren."
Mein Ziel ist, dass wir in der Kakaowertschöpfungskette nichts wegwerfen, sondern allem Wert einhauchen.
Kouassi bezeichnet das als ganzheitliche Transformation. Ihre Herangehensweise verkörpert eine Wende in einer Branche, die vorwiegend auf den Weltmarkt ausgerichtet ist. Um aus dem Kakao Schokolade herzustellen, mangelt es an Technologie und Erfahrung. Deshalb vermarktet und verarbeitet die Kooperative Kakaobohnen in Trockenform, was in Côte d’Ivoire zuvor unbekannt war. Ein neues Bewusstsein soll geschaffen werden, Nachfrage und Wert der Bohne im lokalen Markt sollen steigen. ABOUd'CAO hat 40 Bäuerinnen zusammengebracht, um ihren Kakao zu verarbeiten und ihn neben einer Auswahl innovativer Produkte zu verkaufen. Dazu zählen etwa glasierte Kakaobohnen in verschiedenen landestypischen Geschmacksrichtungen (z. B. Zitrone, Ingwer), Kakaoschalentee und sogar Gewürzmischungen aus fermentiertem Kakaosaft – medizinische Wirkung inklusive. „So haben wir unsere eigene Nische geschaffen. Wir haben nicht nur keine Konkurrenz, sondern sind auch unabhängig vom Weltmarkt, weil wir nur auf dem lokalen Markt operieren. Um die Transformation weiter voranzutreiben, müssen wir Produzent*innen davon überzeugen, dass sich die lokale Verarbeitung auszahlt.“
Der Kakaosektor muss auch noch anderweitig überzeugt werden. Kouassi möchte, dass Frauen es ihr gleichtun und Unternehmerinnen werden. Wie auch in vielen anderen Teilen der Welt, erschweren Traditionen es den ivorischen Frauen, ihren eigenen Weg zu gehen. „Für Frauen ist es immer noch sehr schwer. Wir fühlen uns allein“, sagt sie. Deshalb wurde das Unternehmen rund um die Frauen ihres Heimatdorfs gemeinschaftlich konzipiert. Mit Unterstützung von Kouassi hat die Kooperative einen vollständig nachhaltigen Ansatz sowie Innovation in die Kakaowertschöpfungskette eingeführt. Es werden alle Teile der Kakaoschote weiterverarbeitet. Die Arbeit wird von Frauen erledigt und verschafft ihnen eine Vorreiterrolle, Respekt, ein existenzsicherndes Einkommen und Unabhängigkeit in einer männlich dominierten Branche. Die Kooperative befähigt ihre weiblichen Mitglieder, Schlüsselfiguren der Wertschöpfungskette zu werden. Das beweist, dass Frauen für ihren eigenen Erfolg verantwortlich sein können – und für den von Männern. „Angesichts der sinkenden internationalen Nachfrage nach Rohkakao bitten uns andere Produzent*innen, auch Männer, ihren Kakao anzukaufen“, schließt Kouassi. „Ganz so weit sind wir noch nicht, aber solange die Nachfrage steigt und Produzent*innen sehen, dass wir stabile Einkommen erwirtschaften können, sind wir auf dem richtigen Weg.“
Besuchen Sie die Kakaokooperative
2019 haben Journalisten der Deutschen Welle Juliette Kouassi und ihre Kakaokooperative in Côte d'Ivoire für das Programm "Meet the People driving rural transformation" des Strategischen Begleitkreis besucht und porträtiert.