Gesundes Essen für alle

Brasilien ist Weltmeister in der Nutzung von Pestiziden. Doch es regt sich Widerstand gegen die Macht der Agrarkonzerne und ihre Anbaumethoden: Ganz im Süden des Landes versorgt ein Netz von Öko-Betrieben städtische Schulen und Kindergärten mit gesunden Lebensmitteln.

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Karotten, Kartoffeln, Kohl: Diese Schulkinder ernähren sich Dank der Kooperative Uniao gesund. Alle Fotos: (c): Florian Kopp

Projektträger

Centro de Apoio ao Pequeno Agricultor (CAPA).

Zielgruppe

Rund 17.000 Kleinbauern und –bäuerinnen erreicht die Organisation mit ihren Fortbildungen

 

Rund 430.000 Menschen werden durch Schulspeisungen und andere staatlich geförderte Programme mit gesunden Lebensmitteln versorgt

Spendenbedarf

70.000 Euro

Kostenbeispiele

Gemüsesamen-Mischung für zwei Familien: 40 Euro
 
Fortbildungsseminar für 30 Landwirtinnen und Landwirte in Pelotas: 303 Euro

„Hallo Tomate!“, sagt die grüne Handpuppe. „Hallo Apfel!“, entgegnet die rote. Was dann folgt, ist eine laute, nicht immer ganz verständliche Unterhaltung zwischen den beiden Filzgestalten, denen der zweijährige Derick fantasievoll Leben verleiht. Ein paar Mädchen malen derweil Zeichenvorlagen aus und kichern über ihre rosa Äpfel und die Ananas in den Farben des Regenbogens. So lustig kann das Thema gesunde Ernährung sein. Zumindest wenn man so engagiert und einfallsreich ist, wie die Erzieherinnen im Kindergarten „Schneewittchen“ in der südbrasilianischen Kleinstadt Canguçu. Ein Klopfen an der Tür unterbricht das fröhliche Treiben. Die Mitglieder der Kooperative União sind wie jeden Dienstag gekommen und liefern ihre Waren frisch vom Feld für das Mittagessen an. Knackige Salate, Pfirsiche mit roten Bäckchen und frische Möhren werden in die Speisekammer getragen, wo Köchin Claudia Schiavon sie flink am richtigen Platz verstaut. „Sie sind immer frisch, haben mehr Nährstoffe und schmecken viel besser als das Zeug aus dem Supermarkt“, sagt Schiavon. „So lernen die Kinder von klein auf, sich gesund zu ernähren. Damit legen wir den Grundstein für ihr weiteres Leben.“

 

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Rüben, Radieschen, Rote Beete und andere Produkte auf dem Biomarkt der Kleinbauern-Kooperative.

Das war nicht immer so. Doch seit 2009 gibt es in Brasilien ein Gesetz, wonach 30 Prozent der Lebensmittel für die öffentliche Schulspeisung aus der regionalen kleinbäuerlichen Landwirtschaft stammen müssen. „Früher gab es für die Kleinen abgepackte Industrie-Cracker mit Marmelade und Reis mit Bohnen“, erinnert sich Schiavon. Eine ganze Generation wurde mit nährstoffarmem Billigessen abgespeist. Dass das ein Ende hatte, ist der Lobbyarbeit des Zentrums zur Unterstützung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft CAPA in Pelotas zu verdanken. Die im Schoß der lutherischen Kirche gegründete und von Brot für die Welt geförderte Organisation leistete Pionierarbeit.

 

Seit Ende der 1970er Jahre hat sie Bauernfamilien in Südbrasilien beim ökologischen Anbau, bei der Weiterverarbeitung und Vermarktung ihrer Produkte unterstützt. Mit Hilfe von CAPA entstand in den drei südbrasilianischen Bundesstaten Rio Grande do Sul, Santa Catarina und Paraná ein breites Netz für eine alternative Versorgung mit Lebensmitteln: Kooperativen, Bauernmärkte, vegetarische Restaurants und Bioläden gehören dazu. Doch erst das Schulspeisungsgesetz von 2009 katapultierte die Biolandwirtschaft aus der Nische heraus mitten in die Gesellschaft und machte gesunde Ernährung auch ärmeren Gesellschaftsschichten zugänglich.

 

Es gibt nur Gewinner

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Bäuerin Eliane Roloff und Tochter Iasmin pflanzen Kopfsalat. Die Schulen sind feste Abnehmer.

Den Kleinbauernfamilien brachte das Gesetz ebenfalls Vorteile: Die öffentliche Hand ist ein sicherer Abnehmer, und so war die Verabschiedung für viele ein willkommener Anreiz, statt Soja oder Tabak Lebensmittel zu produzieren. Auch für die Familie von Iasmin Roloff: „Früher haben wir Tabak angebaut, aber dabei muss man so viel Gift spritzen, das hat mir nie gefallen“, erzählt die 18-Jährige. „Vor zwei Jahren haben wir umgestellt und bauen nun auf unseren fünf Hektar Land vor allem Gemüse an. Außerdem halten wir Rinder und Schweine.“ Wie in kleinbäuerlichen Familien üblich, packen auch bei den Roloffs alle Familienmitglieder mit an, von der Oma bis zum Jüngsten, dem achtjährigen Saymon, der neulich aus eigener Initiative sein erstes Hochbeet mit Erdbeeren angelegt hat.

 

Jeden Dienstag fährt Iasmin nach Canguçu ins zentrale Lager der Kooperative União, lädt die Kisten auf den Kleinlaster der Kooperative und beliefert acht Kindergärten und Schulen in der Kleinstadt. Deren Politiker haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis zum Ende der Amtszeit der aktuellen Stadtverwaltung im Jahr 2017 sollen 75 Prozent der Zutaten für die Schulspeisung aus kleinbäuerlicher Ökolandwirtschaft stammen. „Auf diese Weise schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt der Dezernent für ländliche Entwicklung, Cleider da Cunha: „Wir versorgen die städtische Bevölkerung mit gesunden Nahrungsmitteln, und wir fördern die Kleinbauernfamilien, die das Rückgrat unserer lokalen Wirtschaft bilden.“

 

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Brot für die Welt

Brot für die Welt (BfdW)

Brot für die Welt (BfdW) ist ein Hilfswerk der evangelischen Landeskirchen und Freikirchen in Deutschland. Es leistet Hilfe zur Selbsthilfe für die Arbeit von kirchlichen, kirchennahen und säkularen Partnerorganisationen.

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