Entwurzelung der Norm

Ein Beitrag von Hannah Bickel

Als leidenschaftliche Sozialwissenschaftlerin und Unternehmerin aus Malawi weiß Ngabaghila Chatata, dass sie jede Herausforderung meistern kann. Ihre Geschichte spielt in einem Land, das insbesondere in ländlichen Gebieten von hoher Arbeitslosigkeit betroffen ist. Als Geschäftsführerin ihres Unternehmen Thanthwe Farms hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die nächste Generation junger Agrarunternehmer*innen zu inspirieren – und zu zeigen, dass eine erfolgreiche Unternehmensgründung mit der richtigen Denkweise beginnt, nicht nur mit Kapital.

Thanthwe Farms is an integrated farm business that manufactures and supplies its own greenhouses. Ngabaghila (pictured above) is the proud founder and managing director. © GIZ

Von Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

Die GIZ ist ein weltweit tätiger Dienstleister der internationalen Kooperation für nachhaltige Entwicklung. Sie hat mehr als 50 Jahre Erfahrung in unterschiedlichsten Feldern.

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Von Thanthwe Enterprise

Thanthwe Enterprise ist ein Agribusiness-Unternehmen aus Malawi, das im Gartenbau tätig ist und sich auf die Verarbeitung von Agrarerzeugnissen, die Gründung von Unternehmen und die Förderung von Technologien für eine klimafreundliche Landwirtschaft einschließlich Gewächshäusern und Solartrocknern spezialisiert hat. Mehr Informationen hier.

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Thanthwe Farms ist ein integrierter landwirtschaftlicher Betrieb, der unter anderem auch eigene Gewächshäuser herstellt und verkauft. Ngabaghila (oben abgebildet) ist stolze Gründerin und Geschäftsführerin. © GIZ

9:12 Uhr morgens. Es ist ein Tag wie jeder andere auf Thanthwe Farms. Die Morgensonne umhüllt Boden und Pflanzen in einer trockenen, kochenden Hitze. Eine leichte Brise weht über das 60.000 Quadratmeter große Gelände, doch hält sie nicht lange an. Das plötzliche Summen eines Telefons unterbricht die Stille. Ngabaghila Chatata, stolze Geschäftsführerin von Thanthwe, witmet sich einer Ansammlung von Nachrichten, während sie sich auf den Tag vorbereitet. Doch dieser hat längst begonnen.

 

Ich bin ein Alternativtext
In ihrem Element: Ngabaghila teilt mit ihren Schüler*innen eine persönliche Anekdote in Form einer Skizze. © GIZ

Heute wird eine Gruppe von sechsundzwanzig Agrarunternehmern im Alter zwischen 19 und 32 Jahren an einer Excursion auf ihre Farm teilnehmen. Sie wurden von Ngabaghila über mehrere Monate hinweg trainiert. Das Coaching, auch Personal Initiative (PI) Coaching genannt, ermutigt junge Unternehmer*innen sich selber zu verwirklichen und Eigeninitiative zu ergreifen. Die wirtschaftliche Lage in Malawi ist prekär, da es nur geringe formelle Arbeitsmöglichkeiten gibt. Deshalb ermutigt das PI Coaching junge Menschen, anhand von eigenen kleinen Unternehmen oder durch informelle Arbeit ihre Abhängigkeit von formellen Arbeitsplätzen zu verringern.

 

Für Ngabaghila geht es bei diesem Coaching nicht nur darum, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Sie steht vor allem vor der Herausforderung, sich mit tiefgreifenden kulturellen Normen auseinanderzusetzen. „In unserer Gesellschaft werden Probleme gelöst indem man sich hinsetzt und auf jemand anderes zeigt“, stellt sie bei der Eröffnung der heutigen Exkursion fest. „Mein Ansatz bei Thanthwe Farms ist anders - wird ein Problem festgestellt, so muss es angegangen und gelöst werden“.

 

“Wenn wir hier in Thanthwe ein Problem sehen, wollen wir es lösen.”

 

Ngabaghila ist eine von nur zwölf Ausbildern in Malawi, die zur Durchführung des PI-Coachings qualifiziert sind, und sie nimmt diese Verantwortung sehr ernst. Aus eigener Erfahrung weiß sie, welche Herausforderungen die jungen Unternehmer*innen, insbesondere Frauen, in ihrem Land zu bewältigen haben. Als verärgerte Bauern die Felder niederbrannten, auf denen die von ihr ausgebildeten Frauen Gemüse anbauten, ließ sie sich nicht entmutigen. Sie machte einfach weiter. Die Bauern hatten bemerkt, dass die Frauen allmählich ein besseres Einkommen erzielten als sie selbst, und zerstörten aus Frustration die Felder.

 

Links: Ngabaghila (zweite Person von links) und die Teilnehmer*innen des PI-Coachings versammeln sich für ein Gruppenfoto. / Rechts: Teilnehmer*innen der Excursion fotografieren eifrig die Ausstattung von Thanthwe Farms - für sie ein einmaliges Erlebnis. © GIZ

 

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Eine kleine Arbeitsgruppe von Unternehmerinnen erörtert nach der Besichtigung von Thanthwe-Farms ihre gemeinsamen Pläne, Verarbeitung und Wertschöpfung ihrer Produktion mit einzubeziehen. © GIZ

Vor allem Frauen sind tief in gesellschaftliche und kulturelle Normen eingebunden. Von ihnen wird erwartet, dass sie Kinder betreuen und gleichzeitig den Haushalt führen, was sie daran hindert, Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten wahrzunehmen. Als Unternehmerin ist es Ngabaghila jedoch nicht fremd, diese Normen infrage zu stellen.

Neue Erkenntnisse ernten

Die heutige Exkursion umfasst zahlreiche Aktivitäten, darunter eine Tour über das Gelände von Thanthwe Farms. Die Gruppe macht eifrig Notizen, während sie an den Gewächshäusern, Verarbeitungsmaschinen und großen Obstplantagen vorbeilaufen.

 

Ich bin ein Alternativtext
Mark hat sein PI Schulungshandbuch zum Feldtag mitgebracht und macht sich Notizen. © GIZ

Einer der jungen Unternehmer der an der heutigen Exkursion teilnimmt ist Mark Samson, ein 32-jähriger Landwirt aus Lilongwe. Er strahlt, als er von seinen neuen Erkenntnissen berichtet. „Heute habe ich eine Menge gelernt“, erklärt Mark, während er durch die Seiten seines PI Schulungshandbuch blättert. „Von praktischen Tipps zur Kompostierung bis hin zu umfassenderen Einblicken in die Entwicklung von Geschäftsvorhaben und Wertschöpfung, um meinen Traum zu verwirklichen.“

 

Viele junge Menschen zögern, ein eigenes Unternehmen zu gründen, da sie glauben, externe Finanzierung sei eine Voraussetzung – doch das ist nicht der entscheidende Punkt. Marks Traum, eine eigene Geflügelfarm und ein Ausbildungszentrum zu eröffnen, ist nach dem heutigen Tag der Erfüllung einen Schritt näher gekommen.

 

Ngabaghila kann sich gut in Mark hineinversetzen, denn sie erinnert sich an ihren eigenen Start ins Agrobusiness - vor siebzehn Jahren verkaufte sie Gemüse an Nachbarn und Straßenhändler. Diese Leidenschaft hat sich inzwischen in eine bekannte Marke verwandelt, die Kräutertees, Säfte und Marmeladen verkauft.  

 

Links: Die Farm liegt in den Außenbezirken von Lilongwe, abseits des Trubels der Stadt. / Rechts: Mit einem Häcksler wird Kompostmaterial zerkleinert und in Form von natürlichem Dünger wieder in die Farm integriert. © GIZ

 

“Dies ist der Beginn einer Umgestaltung der malawischen Wirtschaft.”

 

„Dies ist der Beginn einer Umgestaltung der malawischen Wirtschaft“, erklärt Ngabaghila, als sie den Tag auf Thanthwe abschließt. Sie schaut in die erwartungsvollen Gesichter vor ihr. Der heutige Besuch auf Thanthwe war ein wichtiges Mittel, das gemeinsam mit dem PI-Coaching die Jugendbeschäftigung in Malawi vorantreibt. Heute ist sie nun wieder einen Schritt weiter gekommen, die nächste Generation von jungen Landwirt*innen heranwachsen zu sehen.

 

Das PI-Training wurde an der Leuphana Universität Lüneburg entwickelt und u.a. von der move gGmbH Entrepreneurship Training Institute umgesetzt. move-eti hat das PI-Training auf die Bedürfnisse junger Agripreneure in Mosambik zugeschnitten und mehr als 20 Trainer*innen qualifiziert. Das PI-Training wird regelmäßig nach dem Gold-Standard der wissenschaftlichen Evaluation evaluiert und hat sich als deutlich effektiver erwiesen als herkömmliches Business-Training. Mehr hier.

 

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